IMG_2082Gestern sprach Prof. Dr. Christoph Ohler (Universität Jena) auf Einladung der JEF Erfurt zum Thema: Quo Vadis EU – Der Weg Europas nach dem irischen Referendum. In familiärer Runde löste Herr Ohler schnell den üblichen Referatsstil durch einen offenen Dialog mit den Teilnehmern ab. Nach einem Überblick über den bisherigen Integrationsverlauf, entflammte eine Diskussion um die ambitiösen Ziele des Verfassungsvertrages und das, was von ihm im Lissabon Reformvertrag übrig blieb. Abgesehen von einigen formalen Änderungen sei es vor allem auf weniger symoblische staatstragende Elemente angekommen, um den Weg für den Lissabon Vertrag frei zu machen.

Keine Einigkeit wurde darüber erzielt, ob die Union an zu viel oder zu wenig Politik leide. Prof. Ohler erläuterte, dass punktuell durchaus hoch politisierte europäische Debatten stattfänden, so etwa bei der Dienstleistungsrichtlinie oder bei den Agrasubventionen. Einigen Teilnehmern war dies aber nicht genug, um eine tatsächliche europäische Öffentlichkeit zu schaffen. Auch was den Charakter der Unionsorgane anbelangte, wurde heiß diskutiert. So sahen Teilnehmer die starke Abhängigkeit der Kommission von den EU Mitgliedstaaten als problematisch an, da dies regelmäßig zu schwachen Kommissaren führe. Dagegen setzte Ohler die tatsächliche Kompetenzenfülle der EU Kommission, die quasi ohne Gegengewicht wäre, wenn die Mitgliedstaaten bei ihrer Besetzung nicht entsprechend mitreden dürften.

Interessant waren auch Prof. Ohlers Ausführungen zum Verfassungsgerichtsurteil. Das BVG habe weiteren Integrationsschritten der EU insofern einen Riegel vorgeschoben, dass es die im Lissabonner Vertrag enthaltenden Elemente zur Kompetenzerweiterung ohne erneuter Ratifizierung unter Parlamentsvorbehalt stellte. Mit anderen Worten müssten alle Entscheidungen, die eine Kompetenzerweiterung ohne Vertragsänderungsverfahren vorsehen, durch den deutschen Bundestag bestätigt werden.

Dies ist für mein Dafürhalten eine Hürde, die eine deutsche Bundesregierung durchaus gewillt sein sollte zu nehmen. Es muss kein Ende jeglicher Integration bedeuten. Weitere interessante Redebeiträge entspannen sich um das Demokratieprinzip und Fragen der In- und Outputlegitimation von Regierungsentscheidung. Also der Frage, ob sich Regierungen nur durch demokratische Wahlen legitimieren (Input) oder auch durch eine gute Politik und ihre Ergebnisse (Output).

Insgesamt ein sehr gelungener Abend.

von Martin Behrens